Word

Ich lieb‘ ja Worte. So ganz allgemein. Das ist mein Job irgendwie und durch mein Studium kommen mir so viele Worte entgegen: Im Bachelor Worte, die ich noch nicht kannte, im Master nun solche, die ich wohl kennen müsste. Aus Büchern und Heften, von Internetseiten, aus Filmen und Videos und aus meinen Fingern auf Tastaturen geschlagen. Auf Laptop und Handy, Notizzettel und Planer. Und ich lieb‘ jeden Einfluss und jede Entwicklung, lieb‘ jedes Zurückblicken und Neuentdecken. Ich liebe Vermischungen und ich lieb‘ dieses »*innen« und bin gespannt, wie es noch weitergeht.

Und dann erzähle ich, ich sei im Boutmanagement bei dieser einen Veranstaltung. Und du fragst, was das sei. Und ich erkläre: »So wie Mädchen für alles: Sind die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten, ist jede*r am richtigen Platz, gibt es noch Fragen, fehlt etwas?« Quasi all das und du fragst: »Aber was bedeutet das denn wortwörtlich übersetzt?« Nicht einmal Google kann uns das verraten. Ich unterschreibe also für einen Wochenendjob, dessen direkte Bedeutung ich nicht einmal kenne und ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob mein Chef da besser Bescheid weiß.

Dann treffe ich meine Mutter und meine, wir könnten ja noch chillen, vielleicht ein bisschen fooden und sie freut sich und fragt trotzdem, was genau ich damit meine. Und ich finde vieles cute, nenne deine Mitbewohnerinnen Girls. Ich frage, was die Boys dazu sagen und die finden das weird, doch richtig nice war es schon lange nicht mehr. Doch ich bin trotzdem sehr proud, wenn nächste Woche der Aftermovie erscheint. Ich habe jede Woche eine Date Night und momentan zu wenig me time. Tatsächlich bräuchten wir zwei wohl mehr quality time aber neben Uni und Worken gibt’s nicht mehr viel Zeit. Ich denke immer noch, dass »Kids« ein sehr cooler Ausdruck ist und stoße mit »Cheers!« auf dich an. (Manchmal mit Cheerio Miss Sophie, womit ich dann doch trotz Englisch auf Elternohren stoße und ein Lächeln absahne.) Bin mit der Gang unterwegs und appreciate das, schau mir vorher kurz die Location an, bevor es dann zu crazy wird. Ich glaube ich bin jetzt schon in einer kleinen midlife crisis und hab manchmal Angst, burn out zu bekommen. Ich weiß, dass »triggern« nicht immer das richtige Wort ist, manchmal aber das richtige Wort triggern kann. Und ich pass auf, bin woke und weiß, was ein no go ist. Ich finds cringe, wenn Leute »cringe« sagen und irgendwie zu random, ja das catcht mich dann nicht.

Ich rede sehr viel. Ich rede mit dir über Dinge, die dich eigentlich nichts angehen. Erzähle viel zu schnell zu intime Details und zeige dir gern jederzeit ein Foto von meiner Nichte oder den Katzen meiner Mutter. Und ich rede sehr wirr, benutze ausgedachte Worte aus der Kindheit auch heute selbstbewusst, stehe unter Anglizismeneinfluss und kann manches nur dadurch ausdrücken. Ich mache Sternchenpausen beim Reden, die vielen missfallen und ich reime nicht gut und bin zu stolz darauf.

Ich hab Familie in Hessen, in der Schweiz und auch in Köln. Deswegen sage ich »nei« statt »nein«, finde Dinge läpsch, sage Buxe und »Ziehs Hosen uffe!«. Ich sage aus Versehen ganz viel »gelle« und »adieu«. Statt »dings« oder »das da« ist bei mir alles »Hutzliputz«. Sprudel ist für mich immer noch »Bitzel« und jeden Morgen begrüße ich freundlich mit »GuMo«. Ich liebe Abkürzungen. Ich rede zu schnell und hab wenig Zeit, mein Studiengang ist mir viel zu lang und jede Sekunde voller Worte scheint mir ungenutzt. Ich nehme auf und sauge ein, was man mir vorlegt. An Wissen, an Worten, an neuen Umgangsformen.

Das Leben geht schnell und durch Medien erst recht und ich hetze, um mitzukommen, fühl mich wie in einem Rausch. Das ist ein guter Rausch, es geht voran. Veränderung ist aufmerksam und hört oft sehr gut zu. »Be humble, sit down.« Entspann dich und setz dich, steh auf und mach mit. »Sprich, Kind«, hat meine Mutter immer gesagt, als ich früher zu schüchtern und zu klein neben meinem großen Bruder war. »Sprich!« Und ich spreche und singe und rufe und will, dass mich jede*r versteht. Und ich freu mich, wenn du mir was beibringst. Und ich erklär dir auch gern jedes Wort, das ich sage, doch Boutmanagement das ist halt so drin. Das sagt man halt so und ich weiß, was gemeint ist. Man kann auch nicht alles wortwörtlich nehmen.

 

Sarah Lau